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Der „Faktor Mensch“ in ISO 27001 und TISAX

Der „Faktor Mensch“ in ISO 27001 und TISAX

Informationssicherheit wird häufig mit technischen Maßnahmen wie Firewalls, Virenscannern oder Verschlüsselungstechnologien in Verbindung gebracht. Doch bei genauerem Hinsehen zeigt sich: Der Mensch selbst – als Anwender, Entscheider und Teil des Sicherheitsprozesses – spielt eine entscheidende Rolle. ISO 27001 (internationaler Standard für Informationssicherheits-Managementsysteme) und TISAX (Trusted Information Security Assessment Exchange, Standard der Automobilindustrie) betonen daher den sogenannten „Faktor Mensch“. Erfahre, warum dieser Faktor so wichtig ist, welche Anforderungen sich daraus ergeben und wie eine echte Sicherheitskultur entsteht.

Der „Faktor Mensch“

Studien zeigen, dass der Großteil aller Sicherheitsvorfälle nicht auf ausgeklügelte Hackerangriffe, sondern auf menschliches Fehlverhalten zurückzuführen ist. Doch gleichzeitig liegt im Menschen auch das größte Potenzial, Cyberangriffe erfolgreich abzuwehren und Risiken zu minimieren.

🔻 Größte Schwachstelle:
Unachtsamkeit, schwache Passwörter oder ein Klick auf einen Phishing-Link sind häufige Ursachen für Sicherheitsvorfälle.
🔹 Größtes Potenzial:
Geschulte und sensibilisierte Mitarbeiter*innen erkennen Angriffe frühzeitig, melden Auffälligkeiten und handeln sicherheitsbewusst im Alltag.

Sowohl ISO 27001 als auch TISAX erkennen diese Bedeutung an – beide fordern Schulungen, klare Verantwortlichkeiten und kontinuierliche Verbesserung der Sicherheitskultur.

„Personenzentrierte“ Anforderungen in ISO 27001

ISO 27001 betrachtet Informationssicherheit als Zusammenspiel technischer, organisatorischer und personeller Maßnahmen. Das Ziel ist es, Mitarbeitende aktiv einzubinden und klare Strukturen zu schaffen. Wichtige Anforderungen sind:

👥 Rollen und Verantwortlichkeiten:
Die Norm fordert eine klare Zuordnung von Verantwortlichkeiten. Jede*r Mitarbeiter*in muss wissen, was von ihr oder ihm erwartet wird – besonders in kritischen Situationen, etwa bei Sicherheitsvorfällen oder Datenlecks.
🎓 Schulungen und Awareness:
Nach Annex A (z. B. Control 7.2.2) müssen Unternehmen regelmäßig Schulungen durchführen, um das Sicherheitsbewusstsein zu stärken. Awareness-Kampagnen helfen, Sicherheitsrichtlinien im Arbeitsalltag zu verankern.
📋 Dokumentierte Prozesse:
Richtlinien und Arbeitsanweisungen beschreiben klar, wie Mitarbeitende mit sensiblen Daten umgehen, Passwörter sicher verwalten und Vorfälle melden sollen. Diese Dokumente dienen als verbindlicher Leitfaden.
♻️ Kontinuierliche Verbesserung (PDCA-Zyklus):
Der Plan-Do-Check-Act-Zyklus fordert regelmäßige Überprüfungen, ob Schulungen, Richtlinien und Maßnahmen tatsächlich greifen – und leitet daraus gezielte Verbesserungen ab.

Fazit – Sicherheitskultur als Erfolgsfaktor

Der „Faktor Mensch“ ist kein Schwachpunkt, sondern der entscheidende Erfolgsfaktor eines nachhaltigen ISMS. Unternehmen, die ihre Belegschaft schulen, klare Verantwortlichkeiten definieren und Sicherheitsrichtlinien praxisnah kommunizieren, schaffen eine Kultur, in der Informationssicherheit selbstverständlich gelebt wird.

ISO 27001 und TISAX fordern nicht nur Technik – sie verlangen Bewusstsein, Beteiligung und Verantwortung. Nur wenn Mitarbeitende verstehen, warum Sicherheit wichtig ist, wird Informationsschutz zu einem integralen Bestandteil der Unternehmens-DNA.

Erweiterte Anforderungen im automobilen Kontext

🚗 Prototypenschutz und Geheimhaltung:
Mitarbeitende müssen speziell für den sicheren Umgang mit Entwicklungsdaten, Geheimhaltungsstufen und abgesicherten Entwicklungsumgebungen geschult werden. Fehler oder Nachlässigkeit können hier unmittelbare wirtschaftliche und rechtliche Konsequenzen haben.
🔗 Vertraulichkeit in der Lieferkette:
Die Lieferkette im Automotive-Sektor ist hochkomplex. Mitarbeitende in Beschaffung, Logistik und Projektmanagement müssen sensibilisiert sein, Risiken bei der Datenweitergabe zu erkennen und zu vermeiden – etwa durch sichere Kommunikationswege, Verschlüsselung und klare Non-Disclosure Agreements.
🏢 Awareness durch das Top-Management:
TISAX betont wie ISO 27001 die Vorbildrolle des Managements. Nur wenn die Unternehmensleitung Informationssicherheit sichtbar priorisiert, entsteht Motivation und Akzeptanz auf allen Ebenen.

Typische Fallstricke – Menschliche Fehler & Social Engineering

Auch in hochregulierten Umgebungen sind es oft menschliche Fehler, die zu Sicherheitslücken führen. Die folgenden Beispiele zählen zu den häufigsten Ursachen – und zeigen, wie man sie vermeiden kann:

1️⃣ Phishing & Social Engineering
Angreifer täuschen legitime E-Mails oder Webseiten vor, um Mitarbeitende zu täuschen. Tipp: Regelmäßige Phishing-Tests und praxisnahe Trainings stärken das Bewusstsein und die Reaktionsfähigkeit.
2️⃣ Unsichere Passwörter
Nachlässige Passwortnutzung ist einer der größten Risikofaktoren. Tipp: Einsatz von Passwortmanagern, klare Mindestanforderungen (Länge, Komplexität) und Sensibilisierung gegen „Passwort-Zettelwirtschaft“.
3️⃣ Umgang mit sensiblen Dokumenten
Fehlversand oder unbedachte Weitergabe von Dateien können schwerwiegende Datenschutzverstöße verursachen. Tipp: Einführung von Freigabeprozessen, Verschlüsselung und klaren Klassifizierungsrichtlinien.
4️⃣ Fehlende Meldung von Sicherheitsvorfällen
Angst vor Konsequenzen oder Unwissenheit führt dazu, dass Vorfälle ungemeldet bleiben. Tipp: Etablieren Sie eine No-Blame-Kultur – wer Vorfälle meldet, trägt aktiv zur Verbesserung der Sicherheit bei.

Strategien und Maßnahmen für einen starken „Human Factor“

🎓 Regelmäßige Awareness-Schulungen
Kombinieren Sie E-Learnings, Workshops und Simulationen (z. B. Social-Engineering-Angriffe), um Mitarbeitende nachhaltig zu sensibilisieren. Interaktive Elemente wie Quiz oder Rollenspiele erhöhen die Lernmotivation.
💬 Kultur des Mitdenkens
Fördern Sie offene Kommunikation rund um Sicherheitsthemen. Plakate, Spickzettel und Infografiken in Gemeinschaftsbereichen erinnern visuell an Sicherheitsverhalten.
🏆 Gamification & Motivation
Setzen Sie spielerische Elemente ein – etwa Belohnungen für die „Sicherste Abteilung des Monats“ oder Punkte für die Meldung potenzieller Sicherheitsrisiken.
🧭 Klare Prozesse & Zuständigkeiten
Legen Sie fest, wer bei Sicherheitsvorfällen zu informieren ist und wie die Eskalation erfolgt. Ein funktionierendes Incident-Management-System sorgt für schnelle Reaktion.
👔 Vorreiterrolle des Managements
Führungskräfte sollten Informationssicherheit aktiv vorleben, regelmäßig an Schulungen teilnehmen und Sicherheitsziele klar kommunizieren.
🔍 Regelmäßige Kontrollen und Audits
Interne Audits und Phishing-Tests prüfen, ob Awareness-Maßnahmen wirken. Kennzahlen wie Teilnahmequoten oder gemeldete Beinahe-Vorfälle helfen bei der Erfolgsmessung.

Fazit – Der Mensch als Schlüsselfaktor für Sicherheit

Der Mensch bleibt die entscheidende Variable in der Informationssicherheit. TISAX und ISO 27001 haben dies erkannt und fordern gezielte Maßnahmen zur Stärkung von Bewusstsein, Verantwortlichkeit und Kommunikation.

Unternehmen, die ihre Mitarbeitenden als aktive Verteidigungslinie verstehen, schaffen eine nachhaltige Sicherheitskultur – eine, in der Sicherheit nicht nur Pflicht, sondern gelebte Praxis ist.

FAQ – Der Faktor Mensch in ISO 27001 & TISAX

Warum spielt der Mensch in der Informationssicherheit eine so große Rolle?

Technische Maßnahmen wie Firewalls, Antivirus und Verschlüsselung sind nur ein Teil der Sicherheitsarchitektur. Viele Vorfälle entstehen erst durch menschliche Fehler oder Manipulationen (z. B. Phishing). Daher ist es entscheidend, dass Mitarbeitende sensibilisiert, geschult und motiviert sind, um die Sicherheitsrichtlinien zu befolgen und Risiken frühzeitig zu erkennen.

Welche Anforderungen stellt ISO 27001 an den Faktor Mensch?

ISO 27001 legt fest, dass Unternehmen regelmäßig Schulungen und Awareness-Maßnahmen anbieten müssen, Verantwortlichkeiten klar definieren und sicherheitsrelevante Prozesse dokumentieren. Ziel ist es, ein grundlegendes Sicherheitsbewusstsein bei allen Mitarbeitenden zu schaffen, damit sie in kritischen Situationen richtig reagieren können.

Was ist der Unterschied zwischen ISO 27001 und TISAX in Bezug auf den menschlichen Faktor?

TISAX orientiert sich in vielen Bereichen an ISO 27001, konzentriert sich aber stärker auf die Anforderungen der Automobilindustrie. Das bedeutet, dass Mitarbeitende insbesondere im Umgang mit sensiblen Entwicklungs- und Prototypendaten zusätzlich geschult werden müssen. Darüber hinaus legt TISAX großen Wert auf die Vernetzung in der Lieferkette und die damit verbundenen Sicherheitsaspekte (z. B. Umgang mit vertraulichen Kundendaten).

Wie kann ich meine Mitarbeitenden effektiv für Phishing und Social Engineering sensibilisieren?

Regelmäßige Phishing-Tests, interaktive Trainings und praxisnahe Beispiele sind sehr wirkungsvoll. Wichtig ist eine offene Fehlerkultur, damit Mitarbeitende sich nicht scheuen, Verdachtsfälle zu melden. Gamification-Elemente wie Punkte, Abzeichen oder kleine Wettbewerbe können zusätzlich motivieren.

Wie oft sollten Awareness-Schulungen durchgeführt werden?

ISO 27001 und TISAX geben keinen festen Rhythmus vor, empfehlen jedoch regelmäßige Schulungen und Aktualisierungen. Viele Unternehmen planen mindestens einmal pro Jahr eine Auffrischung für alle und ergänzen diese durch kurze monatliche oder vierteljährliche „Security Moments“ oder Micro-Learnings, um das Bewusstsein dauerhaft hochzuhalten.

Was sind typische Fehler, die Mitarbeitende machen können?
  • Verwendung schwacher oder mehrfach genutzter Passwörter
  • Sorgloser Umgang mit vertraulichen Dokumenten (z. B. Weiterleitung an Unbefugte)
  • Öffnen von Phishing-Mails oder Anhängen aus unbekannten Quellen
  • Nicht oder verspätet gemeldete Sicherheitsvorfälle aus Angst vor Konsequenzen
Wie integriere ich den Faktor Mensch in ein Audit nach ISO 27001 oder TISAX?

Stelle sicher, dass alle Prozesse rund um Mitarbeitersensibilisierung, Trainings und Verantwortlichkeiten klar dokumentiert sind. Dokumentiere außerdem, wann, wie oft und mit welchen Inhalten Schulungen stattfinden, und halte deren Ergebnisse fest (z. B. Teilnahmequoten, Feedback). So kannst du im Audit leicht nachweisen, dass das Thema „Faktor Mensch“ ernst genommen und kontinuierlich verbessert wird.

Was kann das Management tun, um das Sicherheitsbewusstsein zu stärken?

Führungskräfte sollten durch ihre Kommunikation und ihr Vorbildverhalten demonstrieren, dass Informationssicherheit Teil der Unternehmenskultur ist. Offenheit für Fragen, schnelle Reaktionen auf Vorfälle und die Belohnung von Sicherheitsinitiativen stärken Vertrauen und Engagement.

Wie messe ich, ob meine Maßnahmen zur Sensibilisierung erfolgreich sind?

Typische Kennzahlen sind z. B. die Ergebnisse von Phishing-Tests, die Anzahl gemeldeter (Beinahe-)Vorfälle oder die Teilnahmequote an Schulungen. Eine positive Entwicklung – etwa weniger Klicks auf Phishing-Mails und mehr gemeldete Verdachtsfälle – deutet auf einen gestärkten Sicherheitsfokus hin.

Welche Rolle spielen externe Berater oder Auditoren im Bereich Human Factor?

Externe Berater unterstützen Unternehmen bei der Planung und Umsetzung von Awareness-Maßnahmen. Auditoren prüfen im Rahmen der Zertifizierung, ob Schulungen, Richtlinien und Prozesse angemessen sind und geben wertvolle Impulse zur Optimierung. Der Blick von außen hilft, Betriebsblindheit zu vermeiden und neue Perspektiven einzubringen.

Stefan Stroessenreuther

Stefan Stroessenreuther

Consulting Qualitätsmanagement ISO 9001 | Personenzertifizierter IATF 16949 und VDA 6.3 Auditor | Information Security Officer ISO/IEC 27001 | Dozent IMB Integrations Modell Bayreuth | Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Qualität | Lead Auditor ISO 14001 | Lead Auditor ISO 45001 | Lead Auditor ISO 9001

Berechnung der durchschnittlichen Zertifizierungskosten ISO 9001

Qualitätsmanagement Beratung ISO 9001 - kompetent und flexibel