In den letzten Jahren hat die Sorge um Menschenrechtsverletzungen in Verbindung mit Konfliktmineralien zugenommen. Als Reaktion darauf und unter dem Druck von Nichtregierungsorganisationen, Aktivisten, Analysten und Verbrauchern sind Regierungen und andere Regulierungsbehörden dazu übergegangen, Unternehmen für ihre Mineralienbeschaffung in Konfliktgebieten stärker zur Rechenschaft zu ziehen.
Infolgedessen wurde die Sorgfaltspflicht im Hinblick auf Konfliktmineralien zu einem heiklen Thema für die Unternehmen, da sie nun den Anforderungen durch die gesetzlichen Maßnahmen als auch durch breite angelegte Zielsetzungen der sozialen Unternehmens-verantwortung (CSR) gerecht werden müssen.
Vorschriften zu Konfliktmineralien und zur verantwortungsbewussten Mineralienbeschaffung weltweit ebenen den Weg zur Einführung einer umfassenden Sorgfaltspflicht als wirtschaftliche Notwendigkeit für Unternehmen bei ihren Bemühungen um ethische Beschaffungspraktiken. Mithilfe eines wirkungsvollen Programms können Unternehmen Risiken in ihrer Lieferkette identifizieren und angehen, um sich vor negativen Auswirkungen zu schützen, die mit der Mineralienbeschaffung einhergehen können.
Unternehmen verpflichten sich zu einer verantwortungsbewussten Beschaffung von Werkstoffen. Die an uns gelieferten Produkte müssen aus Werkstoffen bestehen, die verantwortungsbewusst beschafft wurden und nach OECD-Richtlinien „konfliktfrei“ sind. Dies gilt auch für Mineralien.
Was sind Konfliktmineralien
Der Begriff „Konfliktmineralien“ bezieht sich auf die vier in Abschnitt 1502 des Dodd-Frank Wall Street Reform and Consumer Protection Act genannten Mineralien und wird universell zur Beschreibung dieser Mineralien verwendet. Mineralien, die aus Konfliktländern bezogen werden und deren Verkauf zur Fortführung von bewaffneter Gewalt, Instabilität, Unsicherheit und damit verbundenen Menschenrechtsverletzungen beitragen kann. Aus regulatorischer Sicht gehören dazu die folgenden Mineralien: Columbit-Tantalit (das Metallerz, aus dem Tantal gewonnen wird), Kassiterit (das Metallerz, aus dem Zinn gewonnen wird), Wolframit (das Metallerz, aus dem Wolfram gewonnen wird) und Gold sowie die Derivate dieser Mineralien.
Obwohl auf der ganzen Welt Mineralien unter durch Konflikte geprägte Bedingungen gewonnen werden, konzentrieren sich die nationalen und regionalen Vorschriften für Konfliktmineralien auf das in der Demokratischen Republik Kongo (DRK) gewonnene Zinn, Wolfram, Tantal und Gold und auf die angrenzenden Länder, in denen diese Mineralien oft geschmolzen und gehandelt werden.
Die Regulierungslandschaft wird größer
In den letzten Jahren haben Menschenrechtsorganisationen, Fürsprecher für soziale Gerechtigkeit und einige Regulierungsorgane gefordert, diese geografischen Grenzen auf weitere Förderungsgebiete von Zinn, Wolfram, Tantal und Gold auszuweiten, beispielsweise den gesamten Nahen Osten und Asien. Nichtregierungsorganisationen wie Amnesty International haben sich weiterhin dafür ausgesprochen, die von den Regelungen betroffenen Konfliktmineralien zu ergänzen und Kobalt der Liste hinzuzufügen, weil sie die Fortsetzung der Kinderarbeit bei den Fördertätigkeit in der Demokratischen Republik Kongo befürchten.
Obwohl diese Fragen gesetzlich noch nicht geregelt sind, wird zunehmend ein höheres Maß an Rechenschaftspflicht in unternehmensübergreifenden Lieferketten gefordert, um den Ausbau der Regulierungen dieser Art voranzutreiben.
Regulatorische Erwartungen
Angesichts der Bedenken hinsichtlich einer verantwortungsbewussten Beschaffung auf Unternehmensebene wurden gesetzliche Vorschriften und Normen für Mitglieder ins Leben gerufen, um Unternehmen auf der ganzen Welt zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht bei Konfliktmineralien zu verpflichten. Dazu gehören:
Verordnungen
Normen
Um diese Vorschriften und Mitgliedschaftsbedingungen einhalten zu können, sind die Unternehmen auf Verfahren zur Wahrung der Sorgfaltspflicht und Berichterstattung angewiesen. Zu diesem Zweck müssen sie von ihren Lieferanten Informationen über die Quellen der Mineralbeschaffung einholen. Die Einhaltung dieser Vorschriften und Anforderungen ist daher eine globale Angelegenheit, an der sowohl öffentliche als auch private, US-Amerikanische und nicht US-Amerikanische Unternehmen weltweit beteiligt sind und durch die sie verpflichtet werden, in irgendeiner Form Erhebungen, Analysen und Berichte in der Lieferkette durchzuführen.
Die Verbindung zu den Schmelzereien
Schmelzereien beziehen Rohstoffe von Minen, Recyceln und schmelzen sie ein, um für die Produktion bestimmte Metalle zu erzeugen. Sie gehören daher zu den kritischen Faktoren bei der Erfüllung der Sorgfaltspflicht bei Konfliktmineralien. Hersteller, die Zinn, Wolfram, Tantal und Gold für ihre Erzeugnissen verwenden, beziehen an irgendeinem Punkt in der Lieferkette zwangsläufig Metalle von einer Schmelzanlage.
Schmelzanlagen gelten als „sensibler Punkt“ in der Lieferkette. Erze und recycelte Metalle durchlaufen Schmelzwerke oder Raffinerien, bevor sie kommerziell nutzbar werden. Aus diesem Grund sind die Schmelzereien der letzte tragfähige Auditpunkt, um die Herkunft der Mineralien zu bestimmen. Da die Schmelzereien Roherze und recycelte Materialien von vielen verschiedenen Standorten beziehen, ist es nach dem Einschmelzen der Metalle nahezu unmöglich, ihre Herkunft genau nachzuverfolgen, bei der es sich durchaus auch um eine Mine handeln könnte, die zu Gewalt oder Menschenrechtsverletzungen in der Region beiträgt.
Daher sollten Unternehmen die Schmelzereien in ihren Lieferketten unbedingt als mögliche Risikopunkte erachten, wenn es um die Beschaffung wichtiger Produktmaterialien in Konfliktgebieten geht. Bei jeder Schmelzerei, die ein Konfliktmineral verarbeitet und nicht seitens unabhängiger Dritter unter Verwendung von Bewertungsprotokollen als konfliktfrei eingestuft wurde, besteht letztendlich das Risiko, zum Konflikt in der Region beizutragen.
Es gibt Schmelzereien, die ihre Konformität mit den von der Industrie validierten Responsible Minerals Audit Protokollen (RMAP) nachgewiesen haben. Das Feststellen, ob die Schmelzanlagen in der Lieferkette diesen Standards entsprechen oder ob sie ein Risiko darstellen, ist ein fester Bestandteil des Verfahrens zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht und Risikominderung. Informationen von Schmelzereien können mithilfe des branchenüblichen Conflict Mineral Risk Template (CMRT) (siehe Kapitel 3) erhoben werden. Dem folgt, je nach der Ergebnislage, die vollumfängliche Erfüllung der Sorgfaltspflicht.
Allgemeine Anwendungen
Die folgende Tabelle kann verwendet werden, um bei der Identifizierung möglicher Schwachstellen in ihren Erzeugnis- und Lieferketten zu unterstützen.
Konfliktmineralien | Derivat-Metall (3TG) | Branchen | Anwendungen |
---|---|---|---|
Kassiterit | Zinn | Elektrotechnik Automobilindustrie Industrieanlagen Konstruktion Bekleidung | Lote zum Verbinden von Rohren und Kreisläufen Automobilteile Verzinnen von Stahl Führungsstifte Legierungen (Bronze, Messing, Zinn) PVC Schnallen, Reißverschlüsse Uhren |
Columbit-Tantalit | Mental | Elektronik Automobilindustrie Medizinische Geräte Industriewerkzeuge Luft- und Raumfahrt | Kondensatoren Hörgeräte, Herzschrittmacher Auto-Airbags Hartmetallwerkzeuge Strahltriebwerke Gasturbinen Kraftstoffpumpen |
Gold | Gold | Schmuck Elektronik Automobilindustrie Medizinische Geräte Luft- und Raumfahrt | Schmuck Galvanik und Verkabelung Medizin Zahntechnische Arbeiten Chirurgische Instrumente Triebwerkskomponenten Schmierstoffe |
Wolframit | Wolfram | Schmuck Elektronik Beleuchtung Automobilindustrie Luft- und Raumfahrt Industriemaschinen | Metalldrähte, Elektroden, elektrische Kontakte Telefone, Computer Erwärmen und Schweißen Flugzeugtriebwerke Geräte Schmuck Legierungen und Härtereiprodukte |
Update 17.02.2023 |
Die Priorisierung der Sorgfaltspflicht bei Konfliktmineralien ist eine Schlüsselkomponente für ein umfangreicheres CSR-Programm, das infolge der damit verbundenen Maßnahmen verschiedene Wettbewerbsvorteile bietet, wie beispielsweise eine Verbesserung von Marktzugang und Markenimage.
Risikominimierung
Sorgfaltspflicht bei Konfliktmineralien reduziert Risiken und gibt Unternehmen die Möglichkeit, Schwachstellen in der Lieferkette und im Betrieb zu managen und zu minimieren. Indem Unternehmen sicherstellen, dass in ihren Produktionsprozessen nur Mineralien ethisch einwandfreier Herkunft verwendet werden, können sie die rechtlichen und finanziellen Belastungen und Rufschädigungen vermeiden, die mit Arbeitskämpfen, Arbeitsniederlegungen und anderen rechtswidrigen Handlungen einhergehen.
Wettbewerbsvorteil
Erfolgreiche Unternehmen wissen, wie wichtig ein proaktives Vorgehen in allen Bereichen des Geschäftslebens sein kann, und die Sorgfaltspflicht bei Konfliktmineralien bildet dabei keine Ausnahme. Daher sind private Unternehmen gut beraten, im Vorfeld ihrer Bemühungen, öffentliche und andere Unternehmen als Kunden und Partner zu gewinnen, ein Konfliktmineralien-Programm erstellen, um sich so von ihren Mitbewerbern abzuheben. Ein rein reaktiver Ansatz könnte für Unternehmen die Folge haben, dass sie mit hohen zusätzlichen Kosten oder Reputationsschäden zu kämpfen haben und im Falle einer lukrativen Geschäftsmöglichkeit nicht gut genug gerüstet sind, um sie wahrzunehmen.
Öffentliche Meinung
Nicht nur Aktiengesellschaften profitieren von einem positiven Ruf. Unternehmen aller Art sichern ihrer Reputation, indem sie Partnerschaften mit privaten Unternehmen bevorzugen, die ein etabliertes und effektives Programm für Konfliktmineralien vorweisen können. Je gewissenhafter ein Privatunternehmen ist, desto attraktiver wird es für Verbraucher und Geschäftspartner.
Hilfsmittel und Richtlinien für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht
Das CMRT wurde von der Elektronikindustrie entwickelt und wird vom RMI gepflegt. Es ist eine für die Branche standardisierte Berichtsvorlage, mit deren Hilfe Unternehmen ihre Sorgfaltspflicht erfüllen können, indem sie Verhüttungs- und Beschaffungsinformationen in ihrer Lieferkette einholen. Das CMRT steht als kostenlos herunterladbare Excel-Datei zur Verfügung und enthält mehrere Registerkarten und Fragen zur Einhaltung wichtiger Vorschriften zu Konfliktmineralien, wie auch den Paragrafen 1502 des Dodd-Frank-Act, die EU-Verordnung zu Konfliktmineralien und anderes mehr.
Wie funktioniert das CMRT?
Die Unternehmen verteilen die Vorlage zum Ausfüllen an die Lieferanten, die sie anschließend an ihre Kunden zurücksenden. Die Antworten können analysiert werden, um die Bezugsquellen der Schmelzereien zu ermitteln. Sie dienen auch der Offenlegung der Herkunftsländer innerhalb der Lieferkette eines Unternehmens, damit es Risiken identifizieren und fundierte Compliance- und Beschaffungsentscheidungen treffen kann.
Inwiefern unterscheidet sich das CMRT von einer unternehmensintern verfassten Befragung zu Konfliktmineralien?
Um eine wirkungsvolle Erfüllung der Sorgfaltspflicht zu gewährleisten, wird das CMRT entlang der Lieferkette weitergegeben, so dass Unternehmen über Schmelzanlagen und Förderer der vier Metalle berichten können. Die Analyse versetzt Unternehmen in die Lage, problematische Schmelzereien und Produzenten anhand ihrer Beschaffungsaktivitäten zu identifizieren – ein grundlegender Schritt hin zur Sicherung einer konfliktfreien Lieferkette.
Hingegen können Umfragen, die von Unternehmen verfasst werden, unvollständig sein, da sie typischerweise wichtige Informationen über diese Schmelzereien, Raffinerien und Produzenten außen vorlassen. Wenn es Unternehmen nicht gelingen sollte, diese Informationen einzuholen und sie unverkennbar offen zu legen, könnten sie sich den Risiken aussetzen, die mit einer Nichterfüllung der Branchenstandards, gesetzlichen Anforderungen und Kundenerwartungen in Verbindung mit der Berichterstattung über Konfliktmineralien einhergehen. Weitere Informationen über das CMRT finden Sie auf der RMI-Website.
OECD Leitlinien zur Sorgfaltspflicht
Der Leitfaden der OECD mit dem Titel „Due Diligence Guidance for Responsible Supply Chains of Mine¬rals from Conflict-Affected and High Risk Areas“ (Leitfaden zur Sorgfaltspflicht in verantwortungs-bewussten Lieferketten von Mineralien aus Konflikt-und Hochrisikogebieten) ist ein weiteres Instrument für Unternehmen zur Erfüllung der Sorg-faltspflicht bei Konfliktmineralien.
Diese Leitlinien helfen Unternehmen, Risiken entlang der gesamten Mineralienlieferkette zu identifizieren, zu minimieren und angemessen darauf zu reagieren. Dies beinhaltet auch die Risiken für die Bergleute selbst, für Exporteure, Schmelzer, Hersteller und Einzelhändler in Zusam¬menhang mit Menschenrechten und andere Faktoren.
Seit der Verabschiedung im Jahr 2011 ist der im Leitfaden skizzierte Rahmen zum Industriestandard für Unternehmen geworden, die die Erwartungen der internationalen Gemeinschaft, der Investoren, Regierungen und Verbraucher an die Transparenz und das Verantwortungsbewusstsein in der Lieferkette von Mineralien erfüllen wollen.
Das Rahmenwerk ist:
Sei es nun innerhalb oder außerhalb des Geltungsbereichs des Dodd-Frank-Gesetzes, der EU-Verordnung zu Konfliktmineralien oder anderer Vorschriften: Die Sorgfaltspflicht in der Lieferkette ist eine wesentliche CSR-Praxis für Unternehmen, die die Reputations-, Betriebs-, Rechts- und Finanzrisiken in Verbindung mit Konfliktmineralien in ihren Produktionsprozessen vermeiden wollen.