Lieferantenbewertung

Grundlagen und Ziel der Lieferantenbewertung

Die Lieferantenbewertung ist ein zentrales Instrument der Lieferantenüberwachung. Ziel ist es, die Leistung von Lieferanten transparent darzustellen und Verbesserungspotenziale frühzeitig zu erkennen. Moderne Unternehmen nutzen dafür in der Regel interne Softwarelösungen und die Möglichkeiten des eigenen ERP Systems.

Die Bewertung basiert meist auf Daten aus dem Wareneingang. Das ERP System bewertet Lieferungen anhand vorgegebener Kriterien und bildet daraus Kennzahlen. Aus den Einzelbewertungen entsteht eine Gesamtbewertung, über die der Lieferant in eine Kategorie eingestuft wird, zum Beispiel in die Gruppe der besonders leistungsfähigen, der mittleren oder der kritisch zu betrachtenden Lieferanten.

Einsatz von ERP Systemen Wareneingangsdaten werden automatisch erfasst und mit hinterlegten Kriterien bewertet. So entstehen objektive Zahlen für die Leistung der Lieferanten.
Lieferantenklassifizierung Durch die Zusammenführung einzelner Kennzahlen entsteht eine Gesamtbewertung, anhand derer der Lieferant in Kategorien eingeteilt wird.
Transparenz und Vergleichbarkeit Die Lieferantenbewertung erlaubt den direkten Vergleich der Lieferantenleistung und bildet eine Grundlage für Entscheidungen in Einkauf und Qualitätsmanagement.

Kennzahlen und Kriterien für die Lieferleistung

Um einen Lieferanten realistisch einschätzen zu können, reicht der reine Wareneingang nicht aus. Die Lieferantenbewertung wird deshalb um weitere Kennzahlen ergänzt, die ein umfassendes Bild der Lieferleistung vermitteln.

Neben harten Fakten gibt es Kriterien, die auf Einschätzung beruhen, etwa zur Kommunikation oder zur Zusammenarbeit. Diese sollten nachvollziehbar und möglichst einheitlich bewertet werden.

Produktqualität Bewertung der gelieferten Qualität, zum Beispiel anhand von Fehlerquoten, Prüfberichten oder Reklamationszahlen.
Liefertreue Termintreue und Mengentreue werden bewertet, um zu erkennen, ob Zusagen zuverlässig eingehalten werden.
Ausschuss und PPM Werte Kennzahlen wie Teile pro Million fehlerhafter Einheiten zeigen die Stabilität der Lieferqualität.
Reaktionszeiten bei Reklamationen Wie schnell und wie wirksam reagiert der Lieferant bei Qualitätsproblemen oder Fehlteilen.
Kommunikation und Preis Qualität der Kommunikation und Angemessenheit des Preises werden in die Gesamtbewertung einbezogen, oft mit einem subjektiven Anteil.

Kriterien und Gewichtung in der Lieferantenbewertung

In vielen Unternehmen wird die Lieferantenbewertung gewichtet. Die Qualität der gelieferten Produkte hat dabei meist den größten Einfluss auf das Ergebnis. Liefertreue und weitere Kriterien ergänzen das Bild.

Zusätzlich gewinnen Umweltleistungen an Bedeutung. Ein vorhandenes, zertifiziertes Umweltmanagementsystem kann positiv in die Bewertung einfließen, auch wenn die Gewichtung im Vergleich zu Qualität und Liefertreue meist geringer ist.

Qualität als Hauptkriterium Die Produktqualität hat häufig den größten Anteil an der Bewertung, zum Beispiel rund sechzig Prozent der Gesamtgewichtung.
Liefertreue als zweites Kernkriterium Ein größerer Anteil, etwa dreißig Prozent, wird oft der Liefertreue zugeordnet, um Zuverlässigkeit abzubilden.
Subjektive Kriterien Kriterien wie Serviceverhalten, Flexibilität oder Kooperationsbereitschaft fließen mit einem kleineren Anteil in die Bewertung ein.
Bewertung der Umweltleistung Umweltleistungen können mit einem zusätzlichen Prozentsatz berücksichtigt werden. Bewertet wird etwa, ob ein anerkanntes Umweltmanagementsystem nach ISO 14001 oder EMAS vorhanden ist.
Zertifikatsabfrage Über eine jährliche Abfrage von Zertifikaten kann geprüft werden, ob die Umwelt und Qualitätszertifizierungen noch gültig sind.
Bewertungsergebnisse kommunizieren Halbjährliche oder jährliche Übermittlung der Bewertung an den Lieferanten schafft Transparenz und ist Grundlage für Verbesserungsmaßnahmen.
Eskalationsstufen für schwache Lieferanten Schlechter bewertete Lieferanten müssen definierte Maßnahmen ergreifen. Eskalationsstufen regeln, ab wann verschärfte Maßnahmen greifen.

Normforderungen nach ISO 9001 und IATF 16949

Normen fordern ausdrücklich Kriterien für Beurteilung, Auswahl, Leistungsüberwachung und Neubeurteilung von Lieferanten. Die Lieferantenbewertung ist damit nicht nur ein hilfreiches Werkzeug, sondern auch eine Pflichtanforderung.

Die IATF 16949 präzisiert die Anforderungen für die Automobilindustrie und fordert unter anderem, welche Kriterien zur Lieferantenüberwachung mindestens heranzuziehen sind.

ISO 9001 Abschnitt 8.4.1 Die Norm fordert, dass Kriterien für Beurteilung, Auswahl, Leistungsüberwachung und Neubeurteilung externer Anbieter festgelegt und angewendet werden.
IATF 16949 Abschnitt 8.4.2.4 Die Leistung von Lieferanten muss anhand von Kriterien wie Konformität der eingehenden Produkte, Störungen beim Kunden, Feldausfällen, Liefertreue, Zusatzfrachtkosten und Sonderstatus Mitteilungen überwacht werden.
Verknüpfung mit Audit und Entwicklung Ergebnisse der Lieferantenbewertung dienen als Grundlage für Lieferantenaudits, Eskalationsstufen und gezielte Lieferantenentwicklungsmaßnahmen.
Dokumentierte Informationen Bewertungsmethoden, Kriterien, Ergebnisse und getroffene Maßnahmen müssen als dokumentierte Information nachweisbar sein.

Unterschied Lieferantenbewertung ISO 9001 vs. IATF 16949

ISO 9001 Lieferantenbewertung

Grundanforderung ISO 9001 fordert Kriterien für Auswahl, Beurteilung, Überwachung und Neubeurteilung externer Anbieter.
Bewertungskriterien Fokus auf Produktqualität, Liefertreue, Service, Risiko und Fähigkeit zur Bereitstellung konformer Produkte.
Flexibilität Unternehmen können die Kriterien frei definieren, solange sie dokumentiert und wirksam angewendet werden.
Überwachung Regelmäßige Leistungsüberwachung, aber ohne konkrete Vorgaben zu Kennzahlen oder Methoden.
Dokumentation Bewertungsnachweise, Lieferantenfreigaben und Ergebnisse müssen als dokumentierte Information vorliegen.

IATF 16949 Lieferantenbewertung

Erweiterte Anforderungen IATF 16949 definiert verpflichtende Kriterien zur Lieferantenüberwachung, z. B. ppm, Feldausfälle, Störungen.
Kennzahlenbasiert Lieferanten müssen anhand definierter Leistungskennzahlen überwacht werden, z. B. Liefertreue, Zusatzfrachtkosten.
Kundenspezifische Anforderungen OEM Anforderungen, Sonderstatus, QSV, CSR Vorgaben sind zwingend einzubeziehen.
Eskalationsstufen Schlechte Leistung führt zu Maßnahmen, Prozessaudits, Sperrungen oder intensivierter Betreuung.
Auditpflicht Lieferantenaudits (z. B. VDA 6.3) müssen geplant, durchgeführt und dokumentiert werden.

Kriterien Lieferantenbewertung ISO 9001

Kriterien ISO 9001	Bespiele Bewertung Lieferanten
Produktqualität	Lieferung von fehlerhaften Einheiten (Teile) oder ppm Rate
Fehlerhäufigkeit	Anzahl der Lieferantenreklamationen
Liefertreue	Logistische Lieferleistung (Liefertreue bzw. Einhaltung von Lieferplänen)
Problemlösung	Bearbeitungszeit von Reklamationen (Kommunikationsverhalten)
Wiederholfehler	Wiederholfehler bei vorausgegangenen Reklamationen
Zertifikate	Lieferant hat ein akkreditiertes QMS auf Basis ISO 9001, UMS auf Basis ISO 14001

Lieferantenentwicklung

Die Lieferantenentwicklung ist nach der Lieferantenbewertung die nächste Stufe im Lieferantenmanagement. Aufgrund der Bewertung muss/müssen der/die Lieferanten Unterstützung erhalten und auf den Weg zur möglichen A-Einstufung begleitet werden.

Kriterien Lieferantenbewertung IATF 16949

Kriterien IATF 16949	Bespiele Bewertung Lieferanten
Produktqualität	Konformität der gelieferten Produkte mit den Anforderungen
Störungen beim Kunden	Aufgetretene Störungen im belieferten Werk des Kunden, einschliesslich Bandstillstände, Feldausfälle, sogenannte Yard Holds (Auslieferstopps)
Liefertreue	Logistische Lieferleistung (Liefertreue bzw. Einhaltung von Lieferplänen)
Zusatzfrachtkosten	Anzahl der mit Zusatzfrachtkosten verbundenen Vorfälle (Anzahl der Vorfälle)
Besonderer Kundenstatus	Besonderer Kundenstatus wegen Qualitäts- oder Lieferproblemen (Lieferanteneinstufung des Kunden)
Rückläufe	Rückläufe von Händlern, Gewährleistungsfälle, Aktionen im Feld und Rückrufaktionen

FAQ zur Lieferantenbewertung

Was ist eine Lieferantenbewertung ›

Die Lieferantenbewertung ist ein systematisches Verfahren zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit, Qualität und Zuverlässigkeit von Lieferanten. Sie dient dazu, Risiken zu erkennen, Stärken zu identifizieren und die Lieferantenbeziehung gezielt weiterzuentwickeln.

Welche Kriterien fließen in die Lieferantenbewertung ein ›

Typische Kriterien sind Produktqualität, Liefertreue, ppm Werte, Reklamationsbearbeitung, Kommunikation und Preis. Ergänzend können Umweltleistungen und Zertifizierungen berücksichtigt werden.

Wie häufig sollten Lieferanten bewertet werden ›

Je nach Risiko, Produktanwendung und Bedeutung des Lieferanten erfolgt die Bewertung halbjährlich oder jährlich. Kritische Lieferanten können häufiger bewertet werden.

Was passiert bei schlechter Lieferantenbewertung ›

Lieferanten mit B oder C Status müssen innerhalb vorgegebener Fristen Verbesserungsmaßnahmen einleiten. Je nach Eskalationsstufe können Prozessaudits, intensivere Betreuung oder sogar Sperrungen folgen.

Welche Normforderungen gelten für die Lieferantenbewertung ›

ISO 9001 fordert Kriterien für Auswahl, Bewertung und Überwachung externer Anbieter. Die IATF 16949 präzisiert zusätzlich Anforderungen zur Überwachung der Produktkonformität, Liefertreue, Feldausfällen und Sonderstatusmeldungen der Kunden.

Welche Vorteile bietet eine strukturierte Lieferantenbewertung ›

Sie ermöglicht eine faktenbasierte Steuerung der Lieferantenbeziehung, verbessert die Qualität der Lieferkette, senkt Kosten, reduziert Risiken und schafft Transparenz für Einkauf und Qualitätsmanagement.

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