📘 Reifegrade der Management-Dokumentation & Wirksamkeit des QMS
In Audits zeigt sich häufig eine große Lücke zwischen dokumentiertem Managementsystem und gelebter Praxis. Viele Mitarbeitende werden bei der Erstellung von Verfahrens- oder Prozessbeschreibungen kaum eingebunden – das führt zu geringer Akzeptanz und sinkender Wirksamkeit des Qualitätsmanagementsystems (QMS).
Ein von der TU Aachen entwickeltes Reifegradmodell beschreibt in sieben Stufen, wie interaktiv und wirksam eine Managementdokumentation sein kann. Im Abschnitt 10.1 „Allgemein“ der ISO 9001 werden Organisationen aufgefordert, die Leistung und Wirksamkeit ihres QMS zu bewerten – das Reifegradmodell liefert hierfür eine praxisnahe Grundlage.
Reifegradmodell ISO 9001
Die Grafik zeigt, wie sich die Wirksamkeit eines Qualitätsmanagementsystems anhand der Einbindung, Akzeptanz und Eigenverantwortung der Mitarbeitenden entwickelt. Mit jedem Reifegrad wächst der Grad an Beteiligung, Kommunikation und Transparenz – bis das dokumentierte System vollständig in der Praxis verankert ist.
🔹 Reifegrad 1 – Minimale Dokumentation
In kleinen Unternehmen (unter 20 Mitarbeitenden) existiert meist nur das Nötigste an Dokumentation. Die Kommunikation erfolgt informell, häufig „über den Schreibtisch hinweg“. Eine formalisierte Managementdokumentation wird nicht als notwendig angesehen – die Akzeptanz für strukturierte Systeme ist gering, der Fokus liegt auf operativen Aufgaben.
🔹 Reifegrad 2 – Zentrale Verantwortung durch QMB
Die gesamte Dokumentation liegt in den Händen eines Qualitätsmanagementbeauftragten (QMB). Mitarbeitende werden selten einbezogen. Die Erstellung erfolgt stark normorientiert („Zertifikat im Fokus“), weniger praxisbezogen. Das Ziel ist die Zertifizierung – nicht zwingend ein gelebtes System.
🔹 Reifegrad 3 – Anpassung an die Realität
Der QMB erkennt Abweichungen zwischen SOLL-Dokumentation und IST-Praxis. Erste Versuche werden unternommen, reale Abläufe einzufangen und zu dokumentieren. Dennoch bleibt die Akzeptanz gering – ohne externen Druck fällt das System häufig auf frühere Reifegrade zurück. Verbesserungen erfolgen punktuell, nicht systematisch.
🔹 Reifegrad 4 – Prozesseigner übernehmen Verantwortung
Die Dokumentation wird auf Fachabteilungen und Prozesseigner verteilt. Der QMB wird zum internen Dienstleister. Das Managementsystem gewinnt an Akzeptanz in der Führungsebene, und die Dokumentation nähert sich erstmals den tatsächlichen Prozessen an.
🔹 Reifegrad 5 – Eigenverantwortung & Schnittstellenmanagement
Prozesseigner übernehmen die vollständige Dokumentation und koordinieren Schnittstellen. Der Fokus liegt auf der Absicherung von Prozessabläufen. Mitarbeitende bleiben jedoch meist passive Konsumenten – die aktive Mitwirkung am Managementsystem ist noch ausbaufähig.
🔹 Reifegrad 6 – Gemeinsame Verantwortung
Alle Mitarbeitenden und Führungskräfte arbeiten gemeinsam an der Managementdokumentation. Dadurch nähern sich dokumentierte und gelebte Prozesse zunehmend an. Kommunikation erfolgt noch teilweise mündlich oder informell, aber das Verständnis für Prozessqualität wächst in der gesamten Organisation.
🔹 Reifegrad 7 – Integriertes, gelebtes Managementsystem
Dokumentation und Realität haben denselben Reifegrad erreicht: Das Managementsystem ist Teil der Unternehmenskultur. Die Dokumentation dient als Kommunikationsplattform für alle Mitarbeitenden, als Wissensspeicher und als Werkzeug für kontinuierliche Verbesserung. So wird das QMS zu einem echten Informationsportal und Steuerungsinstrument des Unternehmens.
📄 Download: Verfahrensanweisung Reifegrad QM-System
Laden Sie hier die VA Reifegrad QM-System als PDF herunter. Die Datei enthält ein praxisnahes Beispiel zur Bewertung der Wirksamkeit Ihres Qualitätsmanagementsystems gemäß den sieben Reifegraden – ideal zur internen Audit- und Managementbewertung.
⬇️ PDF Download (VA Reifegrad QM-System)❓ FAQ – Reifegrade der Management-Dokumentation & Wirksamkeit des QMS
Hier finden Sie häufige Fragen zur Bewertung der Wirksamkeit Ihres Qualitätsmanagementsystems (QMS) mithilfe des Reifegradmodells. Die Antworten basieren auf den Anforderungen der ISO 9001:2015 und Erfahrungen aus der Auditpraxis.
🔹 Was versteht man unter „Reifegraden“ im Qualitätsmanagement?
Die Reifegrade beschreiben die Entwicklungsstufe eines Qualitätsmanagementsystems im Hinblick auf Beteiligung, Dokumentation und Wirksamkeit. Sie reichen von einer rein formalen Dokumentation (Reifegrad 1) bis zu einem vollständig integrierten und gelebten System (Reifegrad 7), in dem alle Mitarbeitenden aktiv mitwirken und Prozesse kontinuierlich verbessert werden.
🔹 Wie kann ich den Reifegrad meines QMS bestimmen?
Der Reifegrad lässt sich durch eine Selbstbewertung oder im Rahmen interner Audits bestimmen. Prüfen Sie, wie stark Mitarbeitende in die Dokumentation eingebunden sind, ob Prozesse tatsächlich so gelebt werden, wie sie beschrieben sind, und in welchem Maß das QMS zur Entscheidungsfindung beiträgt. Eine unterstützende Vorlage finden Sie hier: VA Reifegrad QM-System [PDF] .
🔹 Warum ist die Bewertung der Wirksamkeit des QMS nach ISO 9001 wichtig?
Die ISO 9001 verlangt, dass Organisationen im Abschnitt 10.1 die Leistung und Wirksamkeit ihres Managementsystems bewerten. Nur so lässt sich sicherstellen, dass Prozesse, Dokumentation und Ergebnisse im Einklang stehen. Eine regelmäßige Reifegradbewertung fördert zudem die kontinuierliche Verbesserung und stärkt das Vertrauen von Kunden und Auditoren in die Unternehmensprozesse.
🔹 Wie oft sollte die Reifegradbewertung durchgeführt werden?
Empfohlen wird eine jährliche Bewertung im Rahmen der Managementbewertung. In dynamischen Organisationen oder bei umfangreichen Prozessänderungen kann es sinnvoll sein, eine unterjährige Aktualisierung vorzunehmen. Die Ergebnisse sollten dokumentiert, analysiert und in Maßnahmenpläne überführt werden.
🔹 Wie kann ich die Reifegradbewertung in Audits nutzen?
Auditoren können die Reifegrade nutzen, um die Entwicklung des QMS im Vergleich zu Vorjahren zu bewerten. Die Bewertung zeigt, ob Verbesserungsmaßnahmen tatsächlich umgesetzt und akzeptiert wurden. So entsteht ein objektives Bild über die gelebte Qualität und die Einbindung der Mitarbeitenden in die Managementprozesse.
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