
Risiken & Chancen in der ISO 9001
Risiken lassen sich direkt den Prozessen zuordnen, z. B. über einen Prozesssteckbrief oder ein Turtle-Diagramm. Mit einer Risikomatrix können sie anhand von Kriterien wie Schadensausmaß und Eintrittswahrscheinlichkeit bewertet werden.
Unternehmen sollten identifizierte Risiken regelmäßig – etwa viertel- oder halbjährlich – überprüfen. So wird sichergestellt, dass Maßnahmen greifen und neue Entwicklungen erfasst werden.
- Beabsichtigte Ergebnisse erzielen
- Erwünschte Auswirkungen verstärken
- Unerwünschte Auswirkungen vermeiden oder minimieren
- Verbesserungen erreichen
Maßnahmen sollten fest in die bestehenden Prozesse des Qualitätsmanagementsystems eingebettet sein. Dazu gehört auch die Bewertung ihrer Wirksamkeit im Rahmen des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP).

Bewertung von Risiken
Die Bewertung der Risiken und Chancen erfolgt beispielsweise über eine Risikobewertung anhand von Schadensausmaß und Eintrittswahrscheinlichkeit.
Haben Risiken ein hohes Schadensausmaß, aber eine geringe Eintrittswahrscheinlichkeit, muss nicht zwangsläufig eine Maßnahme definiert werden.
Letztlich liegt es an der obersten Leitung, zu entscheiden, wann ein Risiko mit einer Maßnahme unterstützt werden muss. Oft handelt es sich um eine strategische Entscheidung: Können Sie mit dem Risiko leben – oder soll eine Maßnahme eingeleitet werden?

Beispiel Risikobewertung ISO 9001
Eine Risikobewertungsmatrix ist ein hilfreiches Werkzeug, um die Risiken zu identifizieren und zu bewerten, die im Zusammenhang mit Ihrem Qualitätsmanagementsystem gemäß ISO 9001 stehen. Hier ist ein Beispiel für eine Risikobewertungsmatrix für kleine Unternehmen:
Risiko | Wahrscheinlichkeit | Auswirkung | Risikobewertung | Verant.: | Maßnahmen zur Risikominderung |
---|---|---|---|---|---|
Qualitätsmängel bei Produkten | Mittel | Hoch | Hoch | Produktion | Prozesskontrollen, Mitarbeiterschulungen, Qualitätsprüfungen |
Lieferverzögerungen | Niedrig | Mittel | Mittel | Einkauf | Lieferantenbewertung, Sicherheitsbestände, alternative Lieferanten |
Nichtkonformitäten bei Audits | Mittel | Mittel | Mittel | QM | Interne Audits, Korrekturmaßnahmen, Prozessoptimierung |
Gesetzesänderungen | Niedrig | Hoch | Mittel | Compliance, GF | Regelmäßige Überprüfung von Gesetzen und Vorschriften, Anpassung der Prozesse |
Verlust von Schlüsselkunden | Niedrig | Hoch | Mittel | Vertrieb | Kundenbeziehungsmanagement, Diversifizierung des Kundenstamms |
IT-Ausfall | Niedrig | Hoch | Mittel | IT | IT-Sicherheitsmaßnahmen, Datensicherung, Notfallpläne |
Anleitung zur Verwendung der Risikomatrix
Mit dieser Matrix können Sie Risiken im Qualitätsmanagementsystem gemäß ISO 9001 strukturiert identifizieren, bewerten und überwachen. Die Schritte sind wie folgt:

Prioritäten setzen
Setzen Sie Prioritäten! Nicht jedes Risiko muss detailliert bewertet werden. Besonders kritisch sind heute Datenschutzverstöße, die bei Nichtbeachtung zu hohen Bußgeldern führen können.
Beispiele für relevante Risiken:
- Cyber- und Hackerangriffe
- Produktionsausfälle durch veralteten Maschinenpark
- Produkthaftungsrisiken
- Prozessrisiken, wenn Qualitätsziele nicht erreicht werden
Abstrakte Risiken wie Flugzeugabstürze oder Erdbeben gehören nur in die Bewertung, wenn Ihr Standort tatsächlich betroffen ist.
Vorbeugemaßnahmen & Risikobasiertes Denken
In der alten ISO 9001:2008 hieß es „Vorbeugemaßnahmen“. Auch die aktuelle Norm betrachtet Risiken implizit – viele Forderungen zielen darauf, Fehler zu vermeiden.
Seit der Revision 2015 ist das risikobasierte Denken fest verankert:
- Analyse externer und interner Probleme
- Berücksichtigung der strategischen Ausrichtung
- Einbindung interessierter Parteien
- Bewertung aller relevanten Prozesse
Auditoren prüfen das risikobasierte Denken nicht isoliert, sondern durch alle QMS-Aktivitäten – bis hin zur Befragung des Top-Managements.
Neue Revision ISO 9001:2015
In der neuen Revision der ISO Norm 2015 wurden die Anforderungen detaillierter beschrieben. Jeder Geschäftsführer befasst sich mit den Risiken und Chancen, ohne überhaupt diese Normforderung zu kennen. Der Vorteil dieser Forderung: auch die Führungskräfte beschäftigen sich aktiv damit – nicht nur die Geschäftsführung im stillen Kämmerlein.
Bedarf & dokumentierte Informationen
Der Bedarf einer Organisation an und der Umfang und Art der dokumentierten Informationen variieren stark aufgrund des Kontextes der Organisation, ihrer Größe, Kultur, Art der Produkte und Dienstleistungen, der geltenden gesetzlichen und behördlichen Anforderungen oder der Kundenanforderungen hinsichtlich der Risiken.
Objektive Beweise können u. a. sein:
- SWOT-Analyse
- Berichte über Kundenfeedback
- Brainstorming-Aktivitäten
- Mitbewerberanalyse
- Planungs-, Analyse- und Bewertungsaktivitäten (Strategie, Entwicklung, Marketing, Produktion …)
- Management Review
- Aufzeichnungen zur Risikobestimmung oder -bewertung
Risiko basiertes Denken
Das Konzept der Berücksichtigung von Risiken war immer stillschweigend in der ISO 9001 enthalten, wird nun aber in der Revision 2015 explizit verankert und ins gesamte Managementsystem einbezogen.
- Risiko basiertes Denken ist Bestandteil des Prozessansatzes
- Vorbeugemaßnahmen werden zur Routine
- Risiken sollen auch Chancen sichtbar machen
- Fokus: Vertrauen schaffen, Forderungen erfüllen, Kundenzufriedenheit steigern
Zusammenfassung
Die Forderungen der ISO 9001 bzgl. Risiken und Chancen lassen sich mit gesundem Menschenverstand und etwas Brainstorming einfach darstellen. Wichtig sind die Bewertungskriterien und der Zeitpunkt, wann eine Maßnahme definiert wird – das ist eine strategische Entscheidung.
Vergessen Sie nicht: Maßnahmen und Bewertungen müssen in der Managementbewertung überprüft werden. Dokumentation und Review sind Teil der jährlichen Überwachung.