
Sanktionierte Interpretationen zur IATF 16949
Was sind sanktionierte Interpretationen
Sanktionierte Interpretationen der IATF sind offizielle Klarstellungen und Änderungen zur technischen Spezifikation IATF 16949. Sie werden von der International Automotive Task Force veröffentlicht und sind über die IATF Webseite abrufbar. Sie gelten als verbindlicher Bestandteil der Norm und wirken sich direkt auf Audits und Bewertungen aus.
Eine sanktionierte Interpretation ändert die Auslegung einer Anforderung oder konkretisiert diese so, dass eine neue auditwirksame Regel entsteht. Ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung werden diese Interpretationen von Zertifizierungsstellen im Rahmen von Zertifizierungsaudits angewendet.
- Aktualisierung der IATF 16949 Sanktionierte Interpretationen ergänzen oder verändern einzelne Textpassagen der Norm, ohne dass eine komplett neue Normausgabe veröffentlicht wird.
- Bestandteil kundenspezifischer Anforderungen Für viele OEM werden die sanktionierten Interpretationen wie kundenspezifische Anforderungen behandelt und sind verbindlich umzusetzen.
- Auditrelevanz Nichtbeachtung kann im Zertifizierungsaudit zu Abweichungen führen, da Auditoren die neuen Interpretationen als Maßstab heranziehen.
Oversight Office und nationale Automobilverbände
Die IATF ist eine Arbeitsgruppe großer Automobilhersteller und ihrer Zulieferer, die gemeinsam ein harmonisiertes Regelwerk für Qualitätsmanagement in der Automobilindustrie bereitstellt. Die Aufsicht und Weiterentwicklung der IATF 16949 erfolgt über das sogenannte Oversight Office in Zusammenarbeit mit nationalen Automobilverbänden.
Diese Gremien veröffentlichen regelmäßig sanktionierte Interpretationen und häufig gestellte Fragen (FAQs), die Ergänzungen und Klarstellungen zur Norm enthalten.
- Nationale Verbände der IATF AIAG (USA), ANFIA (Italien), FIEV (Frankreich), SMMT (Großbritannien) und VDA (Deutschland) sind die tragenden Automobilverbände in der IATF.
- Rolle des Oversight Office Koordination von Interpretationen, FAQs, Zertifizierungsregeln und Überwachung der Zertifizierungsstellen.
- Verbindliche Umsetzung Stand April 2020 existieren zahlreiche aktualisierte Interpretationen zur IATF 16949 Ausgabe 2016, die verbindlich umzusetzen sind.
Anwendungsbereiche der sanktionierten Interpretationen
Die sanktionierten Interpretationen betreffen verschiedene Kapitel der IATF 16949. Sie reichen von Begriffsdefinitionen über Produktsicherheit und Notfallplanung bis hin zu Lieferantenmanagement und Sonderfreigaben.
- Automobilspezifische Begriffe Präzisierungen in Abschnitt 3.1 zur Abgrenzung und Interpretation wichtiger Begriffe.
- Produktsicherheit 4.4.1.2 Konkretisierung der Anforderungen an Produktsicherheitsprozesse und Verantwortlichkeiten.
- Notfallpläne 6.1.2.3 Erweiterte Anforderungen an Notfallplanung, Wiederanlauffähigkeit und Risikobetrachtung.
- Kompetenz interner Auditoren 7.2.3 Genaue Anforderungen an Qualifikation und Nachweise von System und Prozessauditoren.
- Dokumentation des QM Systems 7.5.1.1 Präzisierungen darüber, welche dokumentierten Informationen zwingend vorhanden sein müssen.
- Besondere Merkmale 8.3.3.3 Ergänzungen zur Kennzeichnung, Überwachung und Steuerung von besonderen Merkmalen.
- Steuerung externer Anbieter 8.4.2.1 Details zu Art und Umfang der Steuerung von Lieferanten und Dienstleistern.
- Entwicklung des QM Systems von Lieferanten 8.4.2.3 Anforderungen an die Weiterentwicklung von Lieferanten in Richtung zertifizierter Systeme.
- Sonderfreigaben des Kunden 8.7.1.1 Präzisierte Regelungen zum Umgang mit Sonderfreigaben und Abweichungen.
Kundenspezifische Anforderungen und OEM Ergänzungen
Neben den sanktionierten Interpretationen stellt die IATF Plattform die kundenspezifischen Anforderungen verschiedener OEM zur Verfügung. Diese Ergänzungen sind bei der Umsetzung der IATF 16949 zwingend zu berücksichtigen.
- OEM spezifische Anforderungen Kundenspezifische Anforderungen der BMW Group, GM, PSA Group, Volkswagen und weiterer Hersteller stehen als Ergänzung zur IATF 16949 bereit.
- Integraler Bestandteil des Systems Die kundenspezifischen Anforderungen gelten wie Normtexte und werden im Audit ebenso bewertet wie die Anforderungen der IATF 16949 selbst.
- Bewertung im Zertifizierungsaudit Auditoren prüfen, ob OEM Ergänzungen und Sanktionen im Managementsystem des Lieferanten implementiert wurden.
Auswirkungen auf Zertifizierung und Auditpraxis
Sanktionierte Interpretationen sind keine theoretischen Ergänzungen, sondern werden direkt im Zertifizierungsaudit angewendet. Unternehmen müssen sicherstellen, dass sie die aktuelle Fassung der SIs kennen und in ihre Prozesse und Dokumentationen integriert haben.
- Aktualität sicherstellen Regelmäßige Prüfung der IATF Webseite auf neue oder geänderte sanktionierte Interpretationen.
- Managementsystem anpassen Anpassung von Verfahren, Prozessen, Rollen und Nachweisen an die geänderten Anforderungen.
- Auditoren und Führungskräfte schulen Sicherstellen, dass Verantwortliche und interne Auditoren die neuen Auslegungen kennen und anwenden.
- Risiko von Abweichungen reduzieren Durch proaktives Umsetzen neuer SIs werden Abweichungen im Zertifizierungsaudit vermieden.
Quelle und Download der sanktionierten Interpretationen
Die sanktionierten Interpretationen zur IATF 16949 stehen direkt auf der offiziellen IATF Webseite zur Verfügung. Dort können sowohl die aktuelle Fassung als auch frühere Versionen eingesehen und heruntergeladen werden.
- Offizielle IATF Webseite Die jeweils aktuelle Version der sanktionierten Interpretationen finden Sie unter:
IATF 16949:2016 Sanktionierte Interpretationen - Dokumentation im eigenen System Unternehmen sollten die SIs als dokumentierte Information in ihrem Managementsystem vorhalten, zum Beispiel als Referenzdokument im QM oder IMS.
- Verlinkung mit Prozessen Relevante Prozesse (zum Beispiel Produktsicherheit, Notfallplanung, Lieferantenmanagement) sollten direkt auf die jeweils zutreffenden SIs verweisen.
Häufige Fehler bei der Interpretation der Sanktionierten Interpretationen
Sanktionierte Interpretationen der IATF werden häufig falsch verstanden oder nur teilweise umgesetzt. Dadurch entstehen Abweichungen im Zertifizierungsaudit. Die folgenden Fehler treten in der Praxis am häufigsten auf und sollten unbedingt vermieden werden.
- SIs werden als Empfehlung verstanden Viele Unternehmen glauben, SIs seien optional oder reine Auslegungshilfen. Tatsächlich sind sie zwingend umzusetzende Ergänzungen der IATF 16949 und auditwirksam.
- Veraltete Normversionen im Managementsystem Viele Unternehmen führen Aktualisierungen nicht sofort ein, sodass interne Dokumente nicht den aktuellen Interpretationen entsprechen. Auditoren betrachten dies als Abweichung, da der Stand der Technik nicht umgesetzt wurde.
- SIs werden nicht mit bestehenden Prozessen verknüpft Die Interpretationen müssen sichtbar in relevante Prozesse integriert werden, zum Beispiel in Produktsicherheit, Notfallplanung oder Lieferantenmanagement. Fehlt die Verknüpfung, gilt die SI als nicht umgesetzt.
- Keine Schulung der verantwortlichen Personen Mitarbeiter in den betroffenen Prozessen kennen die neuen Vorgaben oft nicht. Ohne Schulung kann keine wirksame Umsetzung erfolgen und Auditoren erkennen dies sehr schnell.
- Unklare oder fehlende Nachweise Eine SI ist nur umgesetzt, wenn es dokumentierte Nachweise gibt. Dazu gehören Prozesse, Anweisungen, Checklisten, Prozesskennzahlen oder Aufzeichnungen – je nach SI.
- Fehlerhafte Interpretation durch interne Auditoren Wird die SI falsch ausgelegt, kann das gesamte Auditprogramm fehlerhaft sein. Auditoren müssen geschult sein und die SI vollständig verstehen, bevor interne Audits durchgeführt werden.
- Dokumentation wird nicht angepasst Oft bleiben Prozessbeschreibungen, Nachweise und Formblätter unverändert. Dadurch entsteht ein Widerspruch zwischen gelebter Praxis und dokumentierter Vorgabe, was zu Abweichungen führt.
- Keine systematische Überwachung neuer SIs Viele Unternehmen prüfen die IATF Seite nicht regelmäßig. Dadurch bleiben neue oder geänderte Interpretationen unbemerkt und werden nicht umgesetzt.
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